"Emphatie" ist unseren Schülern nicht nur bedeutungsmäßig ein Fremdwort (das muss auch kein Volksschüler wissen!) , sondern vor allem im lebenspraktischen Bereich etwas, das in ihrer Gefühlswelt nicht vorhanden zu sein scheint.
Wie man in dem Buch "Das Gedächtnis des Körpers" von Joachim Bauer lesen kann, sind "bisherige Beziehungserfahrungen in Nervenzell-Netzwerken des Gehirns gespeichert. Seelische Gesundheitsstörungen haben ihre Basis in der Fehl-bzw. Unterfunktion funktioneller Schaltkreise, insbesondere des für kognitive und emotionale Leistungen verantwortlichen limbischen Systems, wobei diese durch frühe sozioemotionale Ereignisse eingeprägt sind...." und weiter:
"Das Gestalten von zwischenmenschlichen Beziehungen funktioniert überwiegend über implizites, also automatisch angewandtes Wissen, das heißt unbewusst und es ist für das explizite Nachdenken nicht oder nur mit Mühe zugänglich."
Dass das wirklich zutrifft, erlebe ich zur Zeit leider sehr stark in unserer Klasse.
Die Schüler aktivieren ständig festgefahrene Verhaltensmuster, die ihnen Schwierigkeiten bereiten und haben eigentlich keine Ahnung warum. Mit ihnen darüber zu reden, erscheint innerhalb des Klassenverbandes zumeist vollkommen sinnlos, da sie davon offensichtlich überfordert sind und es in ihnen nur Widerstand auslöst.
Der tägliche Umgang mit den anderen Kindern der Förderklasse (die ebensolche Probleme haben), trägt dazu bei, noch mehr negative Muster kennenzulernen.
Gute Psychotherapeuten könnten solchen Kindern wahrscheinlich helfen. Kein einziger unserer Schüler macht eine Therapie, zwei warten seit Monaten auf einen Therapieplatz.
Ich habe momentan das Gefühl, dass ich den Kindern in ihrer Persönlichkeitsentwicklung überhaupt nicht weiterhelfen kann, weil das Ausmaß an herrschender Aggression und Selbsthass in unserer Gruppe unbewältigbar ist.
So hanteln wir uns zwar von einem Tag zum nächsten, erleben miteinander auch einige schöne Momente, aber das Ziel, die Kinder "fit" für einen großen Klassenverband zu machen, scheint mir zur Zeit unerreichbar zu sein.