"Die Autorin dieses Blogs beginnt im September 2013 mit dem Unterrichten. Zur Wahrung der Anonymität (v.a. der Schüler/innen) sind alle Namen geändert. Die in diesem Blog beschriebenen Vorkommnisse entsprechen jedoch der Realität!
Mitteilungshefte |
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Wolf Ida am 2.12.2013 | |
2 Dez
Heute waren Manuel und ich beide recht frustriert. Er, weil er sich immer nur um Leila kümmern muss, die sonst alles unter Wasser setzt, und dabei die beiden anderen Kindern nicht fördern kann. Ich, weil ich die Jausenpause nicht etwa damit verbringe, zu jausnen, sondern die Einträge in den Mitteilungsheften der Kinder zu beantworten. Dieses Heft, das eigentlich für kurze "Mitteilungen" gedacht ist, wird momentan leider dazu verwendet, alles zu kontrollieren, das bei uns in der Klasse stattfindet. Ein Bub turnt nicht mit und er weiß genau, warum - trotzdem muss ich es am nächsten Tag der Mutter per Mitteilungsheft noch einmal erklären, weil er zuhause etwas völlig anderes erzählt. Wären diese "Fragen" freundlich nachfragend formuliert, würde ich vermutlich sogar gern auf meine Jause verzichten. Immerhin kann man es den Eltern nicht übelnehmen, dass sie an ihren Kindern und dem, was ihnen so passiert, interessiert sind. Stattdessen aber bekomme ich recht derbe Nachrichten, bei denen ich, ohne eigentlich zu wissen, warum, sofort das Gefühl habe, etwas falsch gemacht zu haben. Und das, obwohl ich in den meisten Fällen überhaupt nichts falsch gemacht habe, sondern die Schilderung des Kindes offenbar einfach so viel zählt, dass man als Elternteil sofort eingreift und nachfragt - es also "für das Kind regelt". Ein Beispiel: Von einer Mutter bekomme ich die empörte Meldung, ihr Sohn Luca habe in der Schule offenbar nicht genug Zeit zum Essen, wie er oft erzähle. Es sei aber wichtig, dass er esse, weil er vor der Schule oft keinen Appetit habe. Nun denkt man vielleicht automatisch: Luca will wohl lieber spielen als essen, weswegen er nur ein paar Bissen macht und sich dann zum Spielen setzt (es gab Zeiten, da durften Kinder selbst entscheiden, ob sie gerade Hunger haben oder nicht). Dann bringt er die fast volle Jausenbox nach Hause, die Mutter fragt nach und er erklärt es vielleicht mit der fehlenden Zeit, weil diese Erklärung am einfachsten zu sein scheint. Tatsache ist aber: Luca isst immer alles auf. Nach Hause bringt er eine leere Jausenbox - trotzdem kommt das Thema auf, ob er zu wenig Zeit zum Essen habe. Und als er dem zustimmt - OBWOHL er immer alles aufisst - hat die Mutter den unglaublichen Drang, der Lehrerin diese Tatsache vorzuhalten. Denn erstens kann Luca nicht alleine entscheiden, ob er hungrig ist, zweitens ist die Lehrerin offenbar inkompetent, weil Luca erzählt, er habe zu wenig Zeit und drittens darf Luca sich das mit seiner Lehrerin auch nicht selbst ausmachen. In diesem Sinne muss ich mich wohl nicht mehr wundern, warum die Kinder so uneigenständig sind, wenn jeder Halbsatz zu Hause in ein Drama umgewandelt wird, wegen dem man sich SOFORT an die Lehrperson wenden muss. Ich stelle mir aber doch die Frage, was diese Kinder tun werden, wenn sie einmal etwas selbst klären müssen - ohne Mama und Papa und ohne Mitteilungsheft - und wer ihnen das wohl beibringen wird. |
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