In den letzen Wochen vor Schulschluss geht oft noch am meisten "voran".
Das liegt teilweise daran, dass ich es schaffe, Lehrplananforderungen mit einer gewissen Gelassenheit wegzustreichen. Denn manches geht sich einfach nicht mehr aus!
Dafür verweile ich länger beim Wesentlichen und fühle mich nicht mehr als getriebene Lehrerin, die den Schülern eigentlich noch 1000 Dinge beibringen sollte. Dafür ist es jetzt sowieso zu spät!
Im Sachunterricht empfiehlt es sich meiner Meinung nach, das Gelernte zu wiederholen. Die Kinder mögen das, weil sie sich zum Glück doch einiges gemerkt haben und gerne gefragt werden. Und dies ist für sie natürlich umso schöner, je mehr Antworten sie geben können.
Im Zuge dieser Wiederholungen kommen dann andrerseits oft neue Themen dazu, die sich aus alten ergeben. Angesetzt wird genau dort, wo die Kinder am meisten Interesse signalisieren.
Eigentlich sollte ich das ganze Jahr über so arbeiten, denk ich mir dann. Doch im September steh ich sicher wieder da, mit vielen Plänen, die ich gerne umsetzen möchte. Manches davon wird mir auch gut gelingen, einiges jedoch auch nicht.
Denn Themen, die mit der einen Klasse wunderbar funktioniert haben, können bei der nächsten Klasse wesentlich weniger gut ankommen. Daher sind Enttäuschungen und Überraschungen für mich als Lehrende vorprogrammiert.
Vielleicht ist es ja auch so, dass die Kinder aufgrund der nahenden Sommerferien entspannter sein können und deshalb interessierter als sonst wirken?
Wie auch immer; es macht großen Spaß, zu unterrichten, wenn Schüler einerseits ihr Wissen zeigen und andererseits ihren Wissensdurst signalisieren.
Nun hat er also endlich stattgefunden, der Bildungsstandardsmathetest.
Die Schüler mussten insgesamt 80 Minuten arbeiten. Das ist für die Viertklassler einer Volksschule enorm lang. Innerhalb dieser Zeit hatten sie 72(!!!) Fragen zu beantworten, bei denen es insgesamt sehr, sehr viel zu lesen gab. Die Formulierungen waren teilweise so gewählt, dass einem der Schädel brummte, weil man sehr konzentriert bleiben musste, um alles richtig zu verstehen.
Bin gespannt über die wahrscheinlich schrecklichen Ergebnisse:
Zumindest alle lese- und sprachschwachen Kinder m ü s s e n dabei schlecht abgeschnitten haben.
Ob dieser Test also viel über die m a t h e m a t i s c h e n Fähigkeiten aussagt, ist hier eine berechtigte Frage.
Nachdem die Kinder diesen Test erledigt hatten, mussten sie einen seitenlangen Fragebogen ausfüllen, in dem sie zu ihrer Situation zuhause befragt wurden. Sowohl über die Beschäftigungen der Eltern, als auch über die Anzahl der Bücher in der Wohnung, als auch über die gemeinsamen kulturellen Unternehmungen mussten die Schüler dabei sehr genau Auskunft geben.
Die Lehrer wiederum wurden in einem Lehrerfragebogen, für den sie sich 30 Minuten Zeit nehmen sollten, aufs Genaueste durchleuchtet. Um die vielen Fragen gut beantworten zu können, wäre allerdings weit mehr Zeit nötig.
Übrig bleibt danach vermutlich bei den meisten Lehrern ein mulmiges Gefühl, da diese Fragebögen natürlich nicht anonym sind! Also wählt man die Antworten, die gehört werden wollen und nicht jene, die man wirklich meint!
Das "Schreiben an besonderen Orten" ist eine Idee, die ich aus Bernd Badegrubers "kreativer Schreibschule" entnommen habe und immer wieder gerne umsetze.
Jene Schüler, die Probleme mit dem Verfassen von Texten haben, werden dadurch meist lockerer.
Als Vorübung gehe ich dafür mit den Schülern leise durch das ganze Schulhaus, wobei ich in jedem Stockwerk die Aufmerksamkeit auf einen gewissen Schwerpunkt lenke.
Im Erdgeschoß zum Beispiel sollen die Kinder auf all das achten, was sie sehen können: Was war schon immer da und ist mir noch nie aufgefallen (z.B. ein Feuerlöscher), welche Farben gibt es da, wen können wir sehen und was bewegt sich?
Im ersten Stock soll auf alles geachtet werden, was man hören kann: Hört man Stimmen aus den Klassen, ein Vogelgewitscher, eine Uhr ticken, eine Türe oder den Boden knarren usw.
Schließlich geht es im nächsten Stock darum, was man fühlen kann: Wie greift sich die Wand, der Boden, das Geländer an, was fühlt sich warm oder kalt an, ist der Boden rutschig oder bremsend, sitzt man hier hart oder gemütlich usw.
Nach dieser Sensibilisierungsphase gehen wir zurück in die Klasse. Jedes Kind bekommt nun ein Blatt Papier mit einem Klemmbrett oder Buch.
Nun dürfen die Schüler nochmals alleine durch das Schulhaus gehen und sich irgendeinen Platz suchen, bei dem sie sich für etwa 20 Minuten niederlassen. Während dieser Zeit sollen sie beschreiben, wo sie sich befinden und was sie gerade sehen, hören und spüren können.
Danach treffen sich alle in der Klasse und wer will, darf seinen Text vorlesen.
Das Schöne daran ist, dass die Kinder bei dieser Übung gerne viel schreiben und die Eindrücke meist recht interessant sind. Ein schimpfender Schulwart oder eine singende Schulklasse bleiben an so einem Tag sicher nicht unentdeckt ;-)
Innerhalb des letzten halben Jahres habe ich es nun bereits zum dritten Mal erlebt, dass Lehramtsstudentinnen völlig frustriert und teilweise sogar weinend vor mir sitzen.
Diese jungen Frauen kenne ich alle sehr gut. Jede einzelne ist eine gefestigte Persönlichkeit, von der ich zutiefst überzeugt bin, dass sie eine tolle, kreative und engagierte Lehrerin ist.(beziehungsweise sein wird)
Zwei davon unterrichten schon fix in einer Klasse, müssen ihr Studium jedoch noch abschließen.
Als ich vor vielen Jahren mit meinem Studium fertig wurde, hatte ich zwar das Gefühl, absolut nichts vermittelt bekommen zu haben (und zwar wirklich a b s o l u t n i c h t s), aber ich konnte mit einer gewissen Leichtigkeit in den Beruf einsteigen.
Damit meine ich, dass "Lehrer-Neulinge" damals noch die Möglichkei hatten, ausprobieren zu dürfen, wie es denn nun am besten funktioniert. Die zu dieser Zeit noch tatsächlich geltende "Methodenfreiheit" war für Anfänger genau das Stück Freiheit, das enorm wichtig war, um sich weiter entwickeln zu können.
Heute haben die Studenten -genauso wie damals - das Gefühl, wenig bis nichts vermittelt zu bekommen. Sie ärgern sich über schlechte Stundenpläne, viel zu wenig Praxis und sinnlose Lehrverabstaltungen.
Der große Unterschied ist jedoch, dass sie nicht das Gefühl haben, hineinwachsen zu dürfen. Es wird von Anfang an sehr viel gefordert (jedoch vor allem unnötige schriftliche Abhandlungen), aber absolut nichts geboten, um Sicherheit in diesem Beruf zu bekommen ( vermehrte praktische Übungsmöglichkeiten).
Der sinnlose Druck, den alle Lehrer zurzeit spüren, ist also auch schon bei den Studenten ein Thema.
Schade! Der Lehrermangel wird somit wahrscheinlich noch länger ein Thema sein :-(
Nächste Woche findet endlich unsere Theater-Aufführung statt!
Unsere Nerven (sowohl von Lehrern als auch von Schülern) sind teilweise stark strapaziert, allerdings weiß ich aus Erfahrung, dass das aufgrund der tausend verschiedenen Dinge, die es zu bedenken gibt, völlig normal ist.
Trotz aller Anstrengungen überwiegt die positive Seite der Proben!
Diesmal konnten wir zum Beispiel besonders gut beobachten, wie stark die "schwachen" Schüler davon profitieren.
Die meisten Kinder, die zu uns geschickt werden, hatten in der Ursprungsschule auch beim Lernen große Probleme. Die Disziplinlosigkeit, die sich bei diesen Kindern besonders stark im Sozialverhalten zeigt, stellt natürlich auch beim Lernen ein Hindernis dar.
Beim Theaterspielen entwickelt man leichter einen gewissen Ehrgeiz. Schließlich soll das Stück ja vor Publikum aufgeführt werden.
Die lange Dauer des Theaterprojekts scheint den Kindern auch bewusst zu machen, dass es sich dabei um etwas ganz Besonderes handelt, bei dem sie persönlich einen wichtigen Teil übernehmen.
Mittlerweile haben wir die einzelnen Szenen schon so oft geprobt, dass nur noch an den Feinheiten der Schauspielkunst gefeilt werden muss. Die Textsicherheit ist kein Problem mehr und das wiederum gibt den Kindern ein Gefühl der Sicherheit und Kompetenz.
Außerdem schaut unser Bühnenbild mittlerweile fast schon professionell aus. Die Kinder freuten sich sehr darüber, als sie eines Tages jene Bilder, an denen sie lange gearbeitet hatten, als Bühnenbild präsentiert bekamen. Jedes Einzelbild ist zwar gut gelungen, aber durch die Zusammensetzung aller Einzelbilder zu einem Gesamtkunstwerk entsteht ein noch viel tollerer Eindruck.
Nun hoffen wir also, dass die Aufführung gut gelingt, damit die Kinder für all ihre Mühen (und wir für unsere noch größeren Mühen) belohnt werden.
Als ich heute an einer Klasse vorbeigegangen bin, deren Tür offen war, konnte ich vernehmen, dass gerade Englisch unterrichtet wurde.
Die Lehrerin bemühte sich hörbar um eine gute Aussprache. Trotzdem klang es grauenhaft und teilweise sogar falsch.
Ich selbst unterrichte dieses Fach wahrscheinlich keinen Deut besser und daher versuche ich, meine Schüler damit möglichst zu verschonen.
Denn auch wenn man in Englisch maturiert hat, bedeutet das keineswegs, diese Sprache unterrichten zu können. Und in der Lehrerausbildung lernte man dafür (wie für alle anderen Fächer) gar nichts :-(
Nach der Teilnahme an einem Seminar geht es immer ein bisschen besser:
Die Aussprache und die Formulierungen des Seminarleiters hat man in den darauffolgenden Tagen noch im Ohr und so gelingen mit den vorgeschlagenen Stundenbildern vereinzelte recht nette Englischstunden.
Solche Seminare gibt es jedoch nicht oft, und außerdem wird es den Lehrern möglichst schwer gemacht, diese zu besuchen.
Pro Jahr gibt es nur wenige auserwählte Tage, in denen man sich darum bemühen muss, einen Fortbildungsplatz zu bekommen. In den meisten Fällen landet man jedoch leider auf der Warteliste, da alle Fixplätze schnell vergeben sind.
Meiner Meinung nach fehlt nur nur noch die Aufforderung, einen Bittbrief schreiben zu müssen, um an einem Seminar teilnehmen zu dürfen.
Wenn in der Volksschule also Englisch unterrichtet werden soll, dann bitte in professioneller Form. Dafür ist eine gute Ausbildung nötig!
Viele Lehrer, die ich kenne, wären erleichtert, wenn ihnen die Unannehmlichkeit erspart bliebe, schlechten Unterricht machen zu müssen.
Die Helene-Lange-Schule in Wiesbaden ist eine der Schulen, die in Deutschland die besten Ergebnisse beim PiSA-Test erzielt hat.
Gleichzeitig ist sie eine der Schulen, die ohne Noten auskommt, wobei eine jahrelange Entwicklungsphase gebraucht wurde, um alle Lehrer dieser Schule von diesem System zu überzeugen. Denn einst war diese Schule ein Gymnasium wie jedes andere, bis 1986 Enja Riegel ihr Amt als Direktorin antrat und die Schule nach und nach reformierte. Nach vielen Anstrengungen konnte sie damit schließlich großartige Erfolge feiern und aufzeigen, dass das Weglassen der Noten positive Entwicklungen bei Schülern und Lehrern ermöglicht.
Die entscheidende Veränderung ist, dass jeder einzelne Schüler nun das Gefühl hat, dass es um seine Persönlichkeit und seine Fähigkeiten geht. Statt Zeugnisnoten gibt es Lehrer- Eltern-Schüler-Gespräche, bei denen die Schüler ihre besten Arbeiten präsentieren. Das kann ein gelungener Aufsatz, ein tolles Bild, ein gedrehtes Interview etc. sein.
Kann ein Schüler dadurch seine eigenen Leistungen präsentieren und werden diese entsprechend gewürdigt und ernst genommen, so ist er auch offener für Kritik: In dem einen oder anderen Fach muss er sich vielleicht mehr anstrengen.
Ich glaube auch, dass Schule so wunderbar funktionieren kann. Wichtig wäre allerdings, alle Lehrer punkto Gesprächsführung gut auszubilden, um professionell arbeiten zu können.
Leider geht unser Schulsystem einen ganz anderen Weg.
Zusätzlich zu den Noten müssen die Schüler und Lehrer immer mehr Tests über sich ergehen lassen: Damit sollen wir endlich alle einen vorgegebenen Standard erreichen! Dass das der gleichzeitigen Forderung nach Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten widerspricht, scheint noch nicht durchgesickert zu sein.
Da wir die letzten Tage vor allem dazu genützt haben, um im Freien zu sein, wurde mir wieder einmal bewusst, was der beengte Alltag bei Kindern auslösen kann.
Wir hatten das Glück, unsere Schultage bei warmen Wetter in wunderschöner Wiesen- und Waldumgebung zu verbringen - und dabei auf so gut wie niemand anderen zu stoßen.
Die Kinder waren fröhlich, friedlich und entspannt und konnten alle Probleme selbst lösen. Es war ein Genuss, sie bei ihren "Bandenspielen" zu beobachten, mit denen sie mich an die glücklichen Kinder aus Bullerbü erinnerten.
Abgesehen von unserer Lerneinheit, die wir jeden Tag im Schatten eines großen Baumes absolvierten, konnten sie sich (fast unbeobachtet) ihrer verspielten Kinderwelt hingeben.
Denkt man dann an die Enge in Schulen und Horten, der die Kinder tagtäglich ausgeliefert sind , versteht man, warum manche von ihnen ausrasten.
Sich von früh bis spät an Regeln (von Schule und Hort) halten zu müssen, ständig unter Beobachtung zu stehen und sich mit einer Horde von Kindern arrangieren zu müssen, ist für einige Schüler schwer auszuhalten. Die fehlende Privatspäre kann auch niemals durch sogenannten Kuschelecken oder Ruheoasen hergestellt werden,- denn diese Orte sind ja auch für alle da.
Werden die Kinder dann vom Hort abgeholt, neigt sich der Tag bei den meisten mit Ritualen wie Abendessen, Lernen, Baden e.t.c. dem Ende zu.
Was meiner Meinung nach daher in den Tagesabläufen der Kinder fehlt, ist eine "Zeit der Freiheit". Die einzige Aufgabe, die die Erwachsenen darin haben sollten, ist es, als "Notfalladresse" Sicherheit zu geben.
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